By the way 231 – Keine Antworten für den „Drecksack“ – Fazit und Rede zur Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart

Die Mitgliederversammlung des VfB Stuttgart am vergangenen Sonntag in der Hanns- Martin-Schleyer-Halle war erwartungsgemäß keine vergnügungssteuerpflichtige Veranstaltung. Der einzige Kandidat Wolfgang Dietrich wurde zum neuen Präsidenten gewählt, Aufsichtsrat und Vorstand wurden wie gewohnt nicht entlastet, einem Antrag auf Abwahl des gesamten Aufsichtsrats verwehrten die Mitglieder die Aufnahme in die Tagesordnung, und die vorgeschlagenen Satzungsänderungen wurden allesamt abgelehnt. Darüber hinaus wurde der TOP „Allgemeine Aussprache“ durch einen Antrag aus den Reihen der Mitglieder bereits nach sechs Rednern beendet.

Man muss kein glühender Verschwörungstheoretiker sein um zu glauben, der Verein habe Strohmänner (und Frauen) an den Start gebracht und die Mitglieder in vielerlei Hinsicht manipuliert. Davor habe ich im Vorfeld gewarnt. Wenn die Mitglieder diese Warnungen ignorieren, dann ist das zwar bitter, aber nicht zu ändern. Demokratie tut halt manchmal ganz schön weh.

Wolfgang Dietrich habe ich zu seiner Wahl gratuliert – er hat diese Gratulation abgelehnt mit den Worten: „Von einem Drecksack wie Ihnen nehme ich das nicht an.“ Was ihn wirklich zu diesem Verhalten getrieben hat, weiß ich nicht. Er hatte mich Anfang August mal angeschrieben und um ein Treffen nach seinem Urlaub gebeten. Ich habe „sehr gerne“ geantwortet. Im Spiel gegen St. Pauli habe ich ihm im Stadion die Hand geschüttelt und gesagt, man könne ja mal telefonieren. Allerdings habe ich daraus keine Verpflichtung meinerseits abgeleitet, mich weiter aktiv um ein Treffen zu bemühen. Zumal ich ja nun auch nicht gleich zwei Häuser weiter von ihm wohne. Gemeldet hat er sich nicht mehr. Und was seine Sitznachbarn in der ersten Reihe von seiner Reaktion halten, das weiß ich auch nicht. Mitbekommen sollten sie’s schon haben.

Ich wiederhole meine Gratulation hiermit noch einmal und hoffe, es geht trotzdem wieder aufwärts mit dem VfB. Herrn Dietrich persönlich wünsche ich 1 schönes Leben auf bzw. bald ja auch in Wolke 7. Da ich allerdings auf meine Fragen am Sonntag wenige bis gar keine Antworten bekommen habe, stelle ich im Folgenden meine gesamte Rede zur Verfügung. Es gilt das gesprochene Wort – und Achtung, jetzt kommt ein längerer Text:

„Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Mitglieder,

zunächst auch hier nochmal Kompliment an die Mannschaft, das Trainerteam und den Sportvorstand: das war echt eine Bomben erste Halbzeit letzten Montag gegen Fürth. Und das so ganz ohne Präsident!

Dies vorausgeschickt, damit klar ist, dass ich heute keine Fragen an den Sportvorstand habe. Und nix auszusetzen am Trainer.

Letztes Jahr stand ich auf dem Podium der Porsche Arena nebenan und musste feststellen: eine Stimmung in der Halle, als wären wir Vierter. Musste mich von Herrn Dutt belehren lassen, wie toll sein Scouting sei und was mir überhaupt einfiele, an seinem Super Scouting zu zweifeln. Und jetzt spielen wir zweite Liga. Und die Zweite Mannschaft spielt vierte Liga. Sportlicher SUPER GAU nennt man das.

Drei der fünf Aufsichtsräte, die Herrn Dutt damals mithilfe des Anwalts Schickhardt verpflichtet haben, sind immer noch im Amt und sitzen hier auf dem Podium. Darum meine erste Frage direkt an Sie, Herr Schäfer, an Sie, Herr Porth und an Sie, Herr Jenner:

Wodurch sehen Sie sich legitimiert, weiter im Amt zu bleiben? Durch die 71,8% Nichtentlastung auf der letztjährigen Mitgliederversammlung? Durch ihren Erfolg bei der Verpflichtung eines Robin Dutt? Dadurch, dass Sie dessen Treiben tatenlos zugeschaut haben, ihn ohne jede Kontrolle gewähren ließen bis zum bitteren Ende? Ihn noch im April überzeugend fanden, ihn selbst da noch zahlreiche Leute mit gut dotierten Posten versorgen ließen? Oder durch den Nachweis ihrer Sportkompetenz bei der Verpflichtung eines Jos Luhukay, dem dann ein Jan Schindelmeiser vorgesetzt wurde, dessen Vorstellungen ja nun bekanntermaßen denen des Trainers vollkommen konträr gegenüber stehen? Ich möchte Ihnen den guten Willen ja gar nicht absprechen, aber darum geht es nicht. Woraus also, Herr Schäfer, Herr Porth und Herr Jenner, beziehen Sie Ihrer Meinung nach die Legitimation, das Aufsichtsratsamt weiter zu bekleiden? Bitte sagen Sie es mir!

Meine zweite Frage geht an die gesamte Vereinsführung: Warum wollen Sie die Satzung dahingehend ändern, dass der Vorstand der Mitgliederversammlung nicht mehr über alle Themen berichten muss (§19, 20 Absatz 1 der vom Verein vorgelegten geänderten Satzung)? Dass online und sonstwie abgestimmt werden kann über Themen, die Sie nach Gutdünken festlegen können? Die Mitgliederversammlung ist das oberste Organ eines Vereins. Und ein Verein sind wir ja derzeit schon noch. Ist das dieser Demokratisierungs- und Transparenzprozess, von dem zuletzt so viel zu lesen war?

Die dritte Frage geht an Herrn Aufsichtsrat Porth: Herr Porth, Ist es richtig, das Gespräche mit Jürgen Klinsmann in Stuttgart stattfanden, um diesen beim VfB einzubinden, seine Netzwerke für den Verein zu nutzen? Ist es richtig, dass Sie, Herr Porth, Herrn Klinsmann nur in einer direkten Vereinsfunktion wollten (was der US Verband kategorisch ablehnt), nicht aber in einer weiter gefassten Funktion als Markenbotschafter für Daimler (wogegen weder der US Verband noch Herr Klinsmann etwas gehabt hätten)? Haben Sie also nach Thomas Tuchel schon wieder einen Mann verhindert – in welcher Funktion auch immer – , der dem VfB mit seinen Visionen und Netzwerken sicherlich nicht geschadet hätte?

Die vierte Frage richtet sich an den gesamten Aufsichtsrat, und auch an Herrn Dietrich. Traurig genug, dass ich diese Fragen stellen muss und sich bis heute niemand sonst getraut hat, diese zu stellen: Wie man hört, verhandelt die Firma Quattrex aktuell mit mehreren Clubs der 2. und 3. Liga über Darlehen. In diesen Verhandlungen wird seitens Quattrex auch gerne mal betont, "der Chef" werde ja nun demnächst VfB-Präsident. Und das, wo Sie alle immer betonen, es gebe überhaupt keine Vermischung des Präsidentenamts mit den Geschäften der Quattrex. Daher quasi Frage 4a: Herr Dietrich, warum haben Sie sich von den restlichen Anteilen an der Quattrex Sports AG nicht auch noch getrennt, um möglichen Interessenkonflikten aus dem Weg zu gehen? Und falls Sie dafür steuerliche Gründe anführen: Welche steuerlichen Gründe sind das genau? Und Frage 4b: Mit welchen Proficlubs steht die Quattrex denn aktuell in Verbindung? Bekannt sind ja nur Kaiserslautern, Nürnberg, Heidenheim und Union Berlin. Und 4c: Mit welcher Summe sind Sie denn insgesamt als Investor über die Quattrex im deutschen Profifußball engagiert? Man hört von 35 Millionen Euro. Und 4d: In welcher Verbindung stehen die Quattrex und Christoph Schickhardt? Auch hier halten sich hartnäckige Gerüchte. Und 4e: Als Sie, der Sie sich ja „absoluter Teamplayer“ nennen, bei den Kickers einstiegen, mussten Geschäftsführer Jens Zimmermann, Trainer Dirk Schuster und Berater Guido Buchwald nacheinander gehen. Und das, obwohl die ihren Job bis dahin ja nicht grade schlecht gemacht hatten. Warum mussten die denn gehen, und wie passt das zu den Benimm-Regeln, die Sie auf Ihrer Prioritätenliste für den Umgang miteinander beim VfB so prominent promoten? Und was meint der Aufsichtsrat dazu? Hat er von diesen Sachverhalten keine Kenntnis? Oder wissen Sie alle bestens Bescheid, behalten das aber lieber für sich – zu viel Transparenz könnte ja gefährlich werden.

Fünfte Frage, nochmal zur Satzung, daher nochmal an die gesamte Vereinsführung: Hier steht ja nun noch ein Antrag auf ergänzende Satzungsänderung eines Mitglieds namens Dirk Freiland zur Abstimmung. Warum wird uns Mitgliedern die Tatsache verschwiegen, dass Herr Dirk Freiland zwar VfB-Mitglied ist, aber am Fußball im Allgemeinen und am VfB im Besonderen so was von völlig desinteressiert? Dass dieser Dirk Freiland aber, bei allem Desinteresse, ein ganz alter Kumpel, ein best buddy des vom Verein bezahlten Anwalts ist, der diese Versammlung hier für den VfB organisiert? Und dass Herr Freiland aus den insgesamt 340 auf den Regionalversammlungen benannten Empfehlungen zur Stärkung der Mitgliederrechte ausgerechnet das Wahlrecht ab 16 wichtig findet, das dort kein einziges Mal erwähnt wurde. Auch die Briefwahl wurde nur 4 Mal erwähnt. Aber Herr Dietrich sagt bereits frühzeitig, ihm gefalle dieser Antrag. Warum denn nur? Weil die Briefwahl die Ausgliederung erleichtert? Hat Herr Freiland dieses 90 Seiten starke pdf denn überhaupt selbst durchgearbeitet? Brauchen wir das nicht zu wissen? Oder sollen wir das nicht wissen, damit wir nämlich fröhlich den vorgeschlagenen Änderungen zustimmen und uns auch noch gut fühlen dabei, weil das ja die Änderungen sind, die NICHT vom Verein kommen?

Und letzte Frage an die Aufsichtsräte: Immer wieder, auch zuletzt am Dienstag im Rahmen Ihres, um es mal vornehm auszudrücken, selbstbewussten und wieder mal so überhaupt nicht demütigen Auftritts bei vfbimdialog, deuten Sie so ganz unscharf, aber doch irgendwie drohend an: Wenn Ihr uns abwählt, steigen wir als Sponsor aus.

Sagen Sie uns doch, Herr Porth, wäre der Daimler ausgestiegen, wenn wir Sie abgewählt hätten? Und Herr Schäfer, der Würth, steigt der aus, wenn Sie nicht mehr Aufsichtsrat sind? Oder ist der Daimler mehr als ein Wilfried Porth, und der Würth mehr als ein Martin Schäfer?

Liebe Mitglieder, liebe Sponsoren: Findet Ihr nicht, der VfB ist mehr als ein bemitleidenswerter Patient, der am Tropf vom Daimler hängt? Sind denn nicht vielmehr die 48.000 Mitglieder das wahre Kapital des VfB? Die Menschen der Region, die trotz Abstieg und totaler Konzeptlosigkeit im Management wie verrückt weiter ins Stadion rennen? Die Geschichte seit 1893, die Titel und Triumphe? An uns, den Fans, liegt es jedenfalls nicht! An Ihnen, liebe Sponsoren, hoffentlich auch nicht! Der VfB ist doch so viel mehr als nur ein kleiner Wurm, der ängstlich und völlig ausgeliefert am Rockzipfel der Konzerne hängt. Wir sind doch keine Rasenballer!

Nach Jahren katastrophaler Konzeptlosigkeit und Fehlentscheidungen - wie soll ich Aufsichtsräten und Vorständen und einem Kandidaten vertrauen, denen ich solche Fragen stellen muss? Die auch seit dem Doppelabstieg keinerlei Demut zeigen, sondern munter weiter tricksen und taktieren – sei es beim Thema Verflechtungen der Dietrich-Firmen, sei es, weil Sie mithilfe verbitterter alter Journalisten, die sich bei Ihnen auf die Payroll schleimen wollen, alle Kritiker und die gesamte Kurve für die Scheiße verantwortlich machen, die Sie hier angerichtet haben, sei es bei Finten wie diesem Antrag des Herrn Freiland, sei es beim Drohen mit dem Ausstieg der Sponsoren – das erinnert doch alles sehr stark an das Jahr 2011, als der Herr Mäuser gewählt wurde. Wieso um Himmels Willen sollte ich so jemanden wählen, solchen Leuten vertrauen?

Liebe  Mitglieder, ich hätte mir gewünscht, Sie trauen sich heute komplett NEIN zu sagen. NEIN zu sagen zu der Seilschaft, die uns seit Jahren mit Ansage in die 2. Liga und 4. Liga geführt hat.  Bei der A- und B-Jugend sieht es übrigens auch ganz miserabel aus. 

Belassen Sie alles so wie immer, dann wird sich nie etwas ändern. Niemals. Weil es die gleiche Seilschaft ist, für die nachweislich der eigene Machterhalt wichtiger ist als der Verein. Sonst könnten diese Personen ja ganz einfach freiwillig zurücktreten.

Und der Verein muss immer über Allem stehen! Da hat der Herr Ohlicher völlig Recht.

Nur Veränderung bedeutet Zukunft. Das Bisherige bedeutet 2. Liga bzw. absolutes Mittelmaß, und das schon seit Jahren.

Danke für Ihre Aufmerksamkeit, und danke im Voraus für die Antworten auf meine Fragen.“