By the way 322 – Fußball und Weltfrieden und das diffuse Gefühl, dass nicht das Richtige wichtiger ist. Und Sanddornschnaps für alle.
Letzter Text in diesem Jahr, Erschöpfung. Die Vorweihnachtszeit wie üblich und eigentlich völlig grundlos voller Hektik. Ob es der Geschenkewahnsinn ist, der doch früher viel aufwändiger war in Zeiten, als noch nicht alles mit dem Paketdienst direkt zum Empfänger kam, eingepackt und mit Kärtchen? Vielleicht ist es ja nur das letzte Aufbäumen vor der Zeit zwischen den Jahren, in der bei vielen das Postfach tagelang fast leer bleibt, kaum Anrufe, Stillstand. Den scheinbar jeder herbeisehnt und mit dem so mancher nur schwer umgehen kann. Denn viele nehmen sich viel zu wichtig.
Möglicherweise ist das Geld der Hauptgrund dafür, dass auch der Fußball sich so wichtig nimmt. Oder die Tatsache, dass viele den Fußball so toll finden und jeder irgendwie mitreden kann. Jeder sich aufregen kann, mit Tunnelblick auf Fußball konzentriert. Bin ja selbst ein zumindest klitzekleines Rädchen in diesem Irrsinn, schreibe hauptsächlich über Fußball hier und da. Und nicht dass dagegen was zu sagen wäre! Nur ist da eben auch das Gefühl, dass man durch die ganze Aufregung um den Fußball die anderen Dinge einfach liegenlässt. Die wirklich wichtigen Dinge. Also Weltfrieden natürlich, Sie entschuldigen das Wort, ist mir so rausgerutscht, geht halt nicht ganz ohne Sarkasmus. Aber im Ernst: Das Gefühl, dass es den Leuten scheißegal ist, in was für einer Welt die Kinder von heute später mal leben werden, das find ich schon komisch. Diffuses Gefühl zugegeben. Und auch in der Welt von Morgen soll der VfB Stuttgart Bundesliga spielen, soll die Korruption im Fußball aufgedeckt, angeprangert und verfolgt werden, ganz klar. Aber vielleicht kann man die Bundesliga zukünftig ja mit etwas weniger gekünstelter Aufregung verfolgen. Und wenn einem Spieler der Vater stirbt, dann kann man sein Mitgefühl ja vielleicht etwas dezenter äußern als mit lautem Geschrei und eifrigem Linkteilen des Artikels, in dem der Hetz-Boulevard in der ihm eigenen, so gar nicht neuen Art und Weise darüber schreibt, noch dazu hinter einer Paywall. Aber wie geschrieben – es ist so ein diffuses Gefühl insgesamt, keiner möge sich jetzt persönlich angegriffen fühlen.
Hier geht es am 9. Januar 2019 weiter. Und bis dahin wünsche ich allen Leserinnen und Lesern, den treuen wie den gelegentlichen, schöne Feiertage und einen guten Übergang ins neue Jahr. Virtuell also sozusagen allen einen mindestens sechsmonatigen Sommer in einem reetgedeckten schönen Haus direkt an der Nordseeküste. Mit Wind und Strand und Sanddornschnaps. Ohne Jever natürlich, das will ich niemandem zumuten. Verzichtet auf die Großbuchstaben, seid freundlich zu Euren Mitmenschen, versucht mitzuhelfen, dass weniger Aufregung herrscht. Und bleibt mir gewogen.