By the way 208 - der VfB am Abgrund, und immer noch niemand in Sicht, der Dutt kritisch hinterfragen könnte.

Dass der VfB Stuttgart mit der Absage an Thomas Tuchel eine quasi einmalige Chance für einen echten Neubeginn geradezu vorsätzlich vergeben hat, das sollte mittlerweile auch dem letzten Jubelperser klar geworden sein. Ebenso wie die Tatsache, dass mit der Verpflichtung von Robin Dutt (und in der Folge Alexander Zorniger) ein großer Schritt weiter in Richtung Abgrund unternommen wurde. Und das, obwohl weite Teile der Fußballbranche nicht nur hinter vorgehaltener Hand heilfroh sind, nicht oder nicht mehr mit Herrn Dutt arbeiten zu müssen. Frag nach in Bremen, frag nach in Leverkusen, frag nach beim DFB. Beim VfB fragt allerdings keiner nach. Nicht Herr Wahler, nicht der Aufsichtsrat. Die allesamt nicht einmal durch die Mitglieder entlasteten Herren Konzernstrategen lassen vielmehr den Herrn Dutt einen Buddy nach dem anderen auf die Payroll setzen – für Jobs, die offenbar eigens für diese Buddies geschaffen wurden. Compliance Fehlanzeige. Wenn die Firmen Daimler, Würth und Kärcher ihre Stellen ebenso besetzen würden, dann wären sie sicher nicht da, wo sie sind. Da wird nämlich normalerweise mehr als nur ein Kandidat angeschaut. Da geht es um Eignung und Erfolg. Da wird rumtelefoniert, was andere zu den Kandidaten so sagen. Da wird Compliance groß geschrieben. Aber die Herren Aufsichtsräte haben ja auch verantwortungsvolle Positionen im echten Leben. Wer, wie Herr Schäfer, den Vertrieb bei Würth verantwortet, der wird sicher nicht allzu viel Zeit darauf verwenden können, das Treiben des Robin Dutt en detail nachzuverfolgen. Erst wenn dem Aufsichtsrat die allzu dreisten Volten des Sportvorstands quasi scheppernd von außen auf den Tisch geknallt werden, wird mal leise nachgefragt. Erstmalig jetzt im Fall Kravets, der trotz anderslautender Versicherung von Dutt und Wahler quasi unbesehen geholt wurde und bekanntlich sogar bereits im Winter gleich gekauft werden sollte. Wie auch bei Sunjic und Tyton hatte Dutt Fragen nach dem Scouting mit großen Worten als falsch bzw. als Unverschämtheit abgetan.

Und vielleicht interessiert es ja den Einen oder Anderen auch, mal zu sehen, wie der VfB bzw. Herr Dutt so auf Trainerkandidatensuche geht. Auch hier wird branchenintern nämlich höchstens amüsiert gekichert. Beispiel Tayfun Korkut: Dieser wird von Dutt in Stuttgart am Flughafen ins Mövenpick Hotel bestellt. Dort sitzen im Besprechungsraum die Herren Wahler, Röttgermann (Marketing) und Heim (Finanzen) vor aufgeklapptem Laptop und stellen munter Fragen nach der Art, ob er als VfB-Trainer denn einen Spieler unbeobachtet verpflichten würde. Korkuts Antworten hackt „Heimi“ direkt in den Rechner. Zur Erinnerung: Röttgermann soll Logen verkaufen bzw. bei Kündigungen nachhaken (was er nicht macht), Heim soll die Finanzen in Ordnung halten (was nicht klappt). Fußballerische Erfahrung haben die Beiden gar keine, vielleicht hat Heim mal beim TSV Notzingen in der zweiten Mannschaft gespielt. Tayfun Korkuts Kinderstube gebot es wohl, bei diesem Treiben 45 Minuten lang gute Miene zu machen. Durchatmen erst, als er wieder draußen war. Und die Erkenntnis, mit diesen Herren nichts mehr zu tun haben zu wollen.

Was wohl ein Herr Favre (oder ein Herr Tuchel) gesagt hätte, wenn ihn beim Erstgespräch nicht nur der Sportvorstand sondern auch der Finanzer, der Marketingmann und der Präsi mit dem Laptop zum Assessment begrüßt hätten? Aber Kaliber wie Herr Favre würden niemals mit Herrn Dutt zusammenarbeiten, denn wer die Branche kennt und Alternativen hat, der orientiert sich anderswo hin. Oder warum sonst muss kein Anderer als Jürgen Kramny derzeit den Kopf hinhalten – ein Trainer, der eigentlich schon entlassen werden sollte, weil er mit der zweiten Mannschaft nichts gerissen hat.

Sportkompetenz in der Vereinsführung heißt beim VfB weiterhin einzig und allein Robin Dutt. Kein Aufsichtsrat, kein Teammanager, kein sonstwer, der da eine Meinung äußern könnte. Statt dessen der Finanzer und der Marketingmann als artige Beisitzer. Und wenn der Aufsichtsrat seiner Kontrollfunktion nachkommen will, dann lässt er sich von Dutt berichten. Gibt ja sonst keinen. Keinen, der mal in Kaiserslautern ein paar gut vernetzte alte Bekannte anruft und fragt, was denn der Jean Zimmer so für Einer ist. Und das Ergebnis dieser Telefonate dem Aufsichtsrat berichtet. Und, ganz am Rande sei’s gesagt: Offenbar gibt’s auch Keinen, der sich mal um Timo Baumgartl kümmert. Denn bei dem reichen sogar die wenigen Fernsehbilder zu der Erkenntnis, dass hier ein blutjunger Spieler massive Probleme hat. Kein Wunder also, dass nicht nur unsere „Stars“ das Weite suchen. Auch Spieler wie Kapitän Gentner denken anscheinend über Abschied nach. Auch Schorsch Niedermeier hat trotz vorliegenden Angebots noch nicht unterschrieben. Von dem heißt es doch, er müsse dankbar sein, dass ihn überhaupt jemand will.

Wenn nicht die handelnden Personen in der Vereinsführung, zuvorderst Robin Dutt, in ihrem Tun kritisch hinterfragt werden, dann wird es weiter steil bergab gehen mit dem Verein. So lange Sportkompetenz beim VfB einzig Robin Dutt heißt, umgeben von lauter subalternen Jasagern, so lange wird nichts besser werden. Das muss der Aufsichtsrat begreifen, das müssen die Mitglieder und Fans begreifen.