By the way 217 – der Weltsport in der Krise. Und jetzt streicht der VfB auch noch die Essensmärkle...

Schlechte Zeiten für den Sport: Die ursprünglich allgegenwärtige Angst vor Terror bei der EURO 2016 haben die Hooligans aller Länder geschickt abgegrätscht und beherrschen jetzt die Schlagzeilen. Weit tiefer noch in der rechten Ecke als jemals zuvor. Und fast noch vor dem Fußball selbst, leider. Ob das berechtigt ist oder nicht, das ist schwierig zu beantworten. Aber eines ist ja wohl klar: Anstatt jedes Gauland-Zitat hysterisch zur Primetime auf allen Kanälen und Titelseiten riemenlang noch zusätzlich zu promoten, sollte der Fokus viel mehr darauf liegen, lokale und ganz konkrete Maßnahmen gegen die braune Pest zu fordern und diese zu berichten. Jeder Verein, jeder Kommunalpolitiker sollte das Thema ganz oben auf seiner Agenda haben. Und das ist leider nicht der Fall. Auf den Ebenen, wo diese Missstände sich erst bilden, da ist nämlich in viel zu vielen Fällen überhaupt gar nix der Fall außer Wegsehen und Aussitzen wollen, und darum ist es auch gar kein Wunder, dass die nazinahe Hooliganszene sich „plötzlich“ wieder so stark fühlen kann. Bei dieser Gelegenheit bitte bitte auch den großartigen Abwehrspieler Boateng einfach einen großartigen Abwehrspieler sein lassen. Einen, der weiß, was sich gehört, und der sich und seine Popularität manchmal auch für den Kampf gegen Ressentiments aller Art nutzt. Also das, was jeder von uns im Rahmen seiner Möglichkeiten tun sollte. Zum Symbol oder als Feigenblatt aller möglichen Gruppierungen sollte man den Mann aber doch bitte nicht missbrauchen. Das hat er nicht verdient, und das gibt er auch gar nicht her.

Und dann die Russen, leichte Opfer derzeit. Dopen bis die Nadel bricht, die russischen Funktionäre wollen es angeblich so. Und nach dem partiellen Russen-Bann für Rio steht seit gestern ja auch schon das andere B-Wort im Raum, der Boykott nämlich. Hatten wir ja auch alles schon mal. Natürlich dopen auch die Anderen, manche mehr, manche weniger. Wenn man von den irrsinnigen Kontrollpraktiken der NADA in Deutschland hört, dann ist man geneigt zu glauben, dass Unsre hier weniger dopen. Aber das Grundproblem in diesem ganzen korrupten Sumpf sind ja wohl nicht die Athleten sondern die Funktionäre. Denn die zwielichtigen Charaktere auf den Spitzenpositionen der Spitzenverbände im Weltsport sind es doch, die ihre galoppierende Zwielichtigkeit von ganz oben über ihre Organisationen ausschütten und dann so weit runterdrücken, bis das gesamte System damit versaut ist. Wie an manch anderer Stelle schon geschrieben: Nur mit sauberen Funktionären ist sauberer Sport möglich. Noch sind der Leidensdruck und der Grad der Massenempörung nicht groß genug für den ganz lauten Aufschrei – aber spätestens, wenn auch im Fußball das Dopingthema richtig hochkocht ist die Zeit reif für das globale Großreinemachen. Und dass sie demnächst hochgehen wird, diese Dopingbombe, dafür mehrten sich die Anzeichen zuletzt ganz eklatant. Mal ganz abgesehen von all den schon bekannten Namen und Teams und Mittelchen: Wer sich die großen Turniere der vergangenen Jahre anschaut, der kommt ja nun wirklich nicht mehr umhin sich zu wundern über viele Mannschaften, von denen es immer hieß, die brechen nach 70 Minuten ein. Weil, die brechen ja alle gar nicht mehr ein. Die rennen 90 oder 120 Minuten wie die Wahnsinnigen rauf und runter. Wochenlang. Ausnahmen bestätigen die Regel, so wie zB. die Russen vorgestern. Da haben sie beim Staatsdoping ihre Nationalkicker wohl vergessen. Aber abgesehen davon gilt im Fußball ja bis heute zumindest offiziell immer noch das legendäre Zitat des großen Don Jupp Heynckes aus Leverkusener Zeiten: „Bei mir bricht niemand ein. Ich habe einen Schäferhund!“.

Und wenn auf der Weltbühne des Sports alles den Bach runtergeht, warum sollte es dann in der Provinz, nämlich beim VfB Stuttgart, anders sein? Dort ist heute, man glaubt es kaum, Trainingsauftakt für die erste Zweitligasaison nach 1975. Dort werde, so Aufsichtsratschef Martin Schäfer, derzeit „alles hinterfragt“. Dort arbeite er, zusätzlich zu täglich zwölf Stunden Würth, vier Stunden für den VfB, und zwar an sieben Tagen in der Woche. Dort wisse man jetzt, dass man Robin Dutt bereits vor sechs Monaten hätte entlassen müssen. Habe man aber ja nicht vorher wissen können. (Man fragt sich allerdings, ob Herr Schäfer einen wie Herrn Dutt bei Würth überhaupt jemals eingestellt hätte). So gehen die Führungskräfte im Fußball mit Verantwortung um. Das erste halbe Jahr hat für Dutt nicht gezählt, das letzte halbe Jahr für den Aufsichtsrat nicht. Dazwischen bleiben halt ein paar Monate. Von insgesamt vier Vertragsjahren á ca. 800.000 Euro per annum. Und obwohl Schäfer das alles wusste, hat er zugelassen, dass der bereits ins Abseits gestellte Dutt noch drei Personen einstellen konnte. Und überhaupt: Wer ist jetzt eigentlich dafür verantwortlich, dass Robin Dutt noch bis Vertragsende geschätzte 70.000 Euro im Monat erhält? Oder ist das nur ein Gerücht? Handelt Palpatine Schickhardt die Abfindung für Dutt aus? Was hat jetzt Karl Allgöwer eigentlich für sein Honorar geleistet, was wird Thomas Hitzlsperger leisten dürfen? Mit welchen Vollmachten? Opium fürs Volk? Ohne Verantwortung? Alles ein bisschen teuer, oder nicht?

So kann man nur handeln, wenn es nicht den eigenen Geldbeutel betrifft sondern den des VfB Stuttgart. Dort stellen derweil immer mehr Führungskräfte immer mehr weitere Führungskräfte ein, und auf der Personalversammlung streicht man den normalen Mitarbeitern den Essenszuschuss. Wenn Gunter Barner, das bisweilen irrlichternde Schlachtross der Stuttgarter Nachrichten, Recht hat, dann betrug dieser Essenszuschuss imposante 1,50 Euro pro Tag. Ein Schelm, wer hier jetzt Parallelen zu den Spitzenfunktionären der Spitzenverbände erkennt. Oder kein Schelm?