By the way 238 – Du sollst nicht mauscheln! Und wenn doch, dann wenigstens richtig.
Jetzt, wo der Uli wieder in Amt und Würden ist, da kann man’s ja mal sagen. Dass das Ganze ein wenig widersprüchlich ist, um nicht zu sagen: bigott.
Bei aller berechtigten Kritik daran, dass hier einer trotz nun wirklich nicht unerheblicher Vergehen unter großem Jubel wieder ins exponierte Amt hofiert wird, als sei das alles nicht weiter schlimm: Einerseits argumentiert die #notmypresident-Fraktion ja mit dem Thema Compliance, sagt, in den Bayern-nahen Unternehmen von Allianz über Adidas bis Audi/VW wäre eine Personalie wie Uli Hoeneß in exponierter Funktion völlig ausgeschlossen wegen, eben, Compliance.
Andererseits behaupte ich hier mal ungeprüft, ein Großteil der Hoeneß-Gegner ist glühender Gegner der zunehmenden Kapitalisierung und Globalisierung im Fußball, die Schere wird zu groß, die Gelder sind ungerecht verteilt, das ganze Ausgegliedere nur zum Füllen der Taschen einiger weniger Unsympathen da usw. Es lebe der Verein! Am besten mit Margot Käßmann als Präsidentin und Trainingslager in Kuba.
Und jetzt was ist aber mit der Tatsache, dass ein Verein schon aufgrund seiner Rechtsform machen kann, was er will bzw. was seine Mitglieder wollen? Dass ein Verein eben nicht solcher Compliance-Regeln unterworfen ist sondern sich immer auch und vor allem durch die so genannte Vereinsmeierei auszeichnet? Die freilich nicht nur im negativen Sinne verstanden werden kann sondern durchaus auch dem Verein höchst förderlich, selbst wenn dabei nicht immer getreu aller bestehenden Regeln und Gesetze und moralisch einwandfrei vorgegangen wird. Siehe genau das amigohafte Gemauschel, dass der FC Bayern schon vor seiner Aktiengesellschaftswerdung ziemlich erfolgreich praktizierte. Siehe auch manch anderen Verein, der bis heute noch Verein ist und sonst nix.
Dass natürlich die Vereinsmeierei und das Gemauschel in der Mehrzahl negative Folgen für den betroffenen Organismus haben, das soll hier nicht verschwiegen werden. Ganz im Gegenteil. Als Mitglied des VfB Stuttgart in dieser Hinsicht leidgeprüft, Hiob Hilfsbegriff. Mein Club, warum hast Du mich verraten?
Da ist, acht Wochen nach der Wahl, die erste berichtete Amtshandlung des Präsidenten der Erlass eines Verhaltenskodex, in dem angeblich steht, es solle nicht mehr gemauschelt werden. Und nicht gesportwettet. Das muss man sich mal reinziehen. Hat er da wirklich reinschreiben lassen, es dürfe nicht gemauschelt werden? Ernsthaft jetzt? Wenn ich mich richtig erinnere, war das beim Vorvorgänger-Präsidenten Mäuser ähnlich. Auch von dem erst mal lange nix zu hören, dann Becherpfand-Erlass. Großartige Entwicklung, Champs Elysee! Abgesehen davon, dass man nix reinschreiben und ständig betonen muss, wenn der Chef die Sachen ordentlich vorlebt. Vgl. hier auch die ganzen Unternehmen, die sich immer mit ihren flachen Hierarchien brüsten.
Und dann das Spiel bei Union Berlin – konkreter Anlass, um auch mal am Trainer nicht alles super toll zu finden. Unser Trainer sagt nämlich, er sei zwar mit dem Ergebnis nicht zufrieden, wohl aber mit der Leistung. Nochmal: Ernsthaft jetzt? Die preisgekrönten lieben Kollegen vom @textilvergehen mögen mir verzeihen, aber: Eisern Union kaum in der Lage, einen Ball richtig zu stoppen, und wir versuchen nach dem frühen 1:0, das Spiel zu verwalten. Und holen am Ende glücklich einen Punkt. Anstatt nach der frühen Führung vollrohr weiter Dampf zu machen. Anstatt 4:0 zu gewinnen. Oder 10:0. Oder gegen Bielefeld oder 1860 München. Oder am Montag gegen Nürnberg. Frühes Tor, fein herausgespielt, dann Bremse rein. Warum will die Mannschaft nicht einfach mal geil kicken über 90 Minuten? Warum sagt der Trainer nicht mal: Jungs, wir führen 2:0, und jetzt sieht der Gegner keinen Ball mehr? Heißt ja nicht, alle elf Mann nach vorne. Heißt aber Kontrolle, Schwung, Dominanz, hier regiert der VfB! Warum verlässt man sich drauf, dass man schon irgendwie aufsteigt, weil die anderen alle so blind sind? Warum merke ich fast nie, dass irgendwer auf dem Feld es super findet, den Gegner gut gelaunt aus dem Stadion zu schießen?
Und der Daimler schaut derweil in aller Seelenruhe zu und wartet ab, bis er günstig seine Anteile erwerben kann. Was der Daimler will ist, dass Ruhe herrscht vor seinen Toren. In der ersten Liga, das schon irgendwie. Aber bloß nicht mit Ansprüchen. Einfach Ruhe soll herrschen, und das möglichst günstig. Damit kein anderer kommen kann, der mehr reinsteckt. Und höhere Ansprüche hat. Weil dieser Andere, das wäre mit ziemlicher Sicherheit auch ein Automobilkonzern. Direkt vor der Nase. Kaum vorstellbar, oder?