By the way 312 – wie man Fußball spielt. Und was Horst Seehofer umtreibt. And About Schmidt...

„Es ist nur ein Spiel“, sag ich mir im Stadion während des saft- und kraftlosen Auftritts meines VfB Stuttgart gegen einen zwar sehr ordentlich aber doch alles andere als übermächtig aufspielenden Gegner aus Düsseldorf. Leider ist es schon das vierte, wenn nicht fünfte Spiel dieser Art. Und leider spielen sie nicht im Sandkasten sondern sind Teil eines Phantastilliarden schweren Unterhaltungszirkus’ namens Profifußball. Und selbst wenn es „nur ein Spiel“ ist – warum zum Teufel spielt der VfB nicht mit?

Denn das Fußballspiel kann man ja, so ganz grob vereinfacht und ohne allzu viele Taktikschulungen im Hirn, auf genau zweierlei Art und Weise angehen: Erstens, man spielt. Ballbesitz steht vorne. Den Ball haben, ihn und den Gegner laufen lassen, hin und her, vor und zurück, einstudierte Kombinationen, hin und wieder ein Geistesblitz, der Rasen als Schachbrett, flinke, technisch versierte Leute, tikki takka Pep und so. Dass das nicht jede Mannschaft so hinbekommt wie der FC Barcelona, das ist schon klar. Aber zumindest muss man den Ball haben wollen, und wenn man ihn hat, nicht gleich wieder hergeben. Und davon ist beim VfB nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Obwohl da doch etliche Leute auf dem Feld stehen, die nachgewiesenermaßen richtig gut kicken können.

Wie bei anderen Spielen ist es aber auch im Fußball so, dass man auch mitmachen kann mit der Taktik, gar nicht spielen zu wollen. Egal ob daheim oder auswärts, nichts zum Spiel beitragen, kompakt hinten rein, den Bus parken – und dann, wenn es sich doch mal ergibt (und es ergibt sich fast zwingend immer mal), blitzschnell nach vorne, kontern, zwei, drei Stationen, Abschluss. Und in den ersten Spielminuten könnte man tatsächlich meinen, das sei die Taktik des VfB Stuttgart. Das hätten sie einstudiert im Rahmen ihrer Vorbereitung, der Kader schon komplett, als sie in Hessen oder Hamburg noch wochenlang Sommerferien hatten.

Aber spätestens beim ersten eigenen Ballbesitz wird klar, dass auch das nicht die Taktik des VfB sein kann. Denn wenn ihnen der Ball mal vor die Füße fiel, dann ging da nix schnell nach vorne. Da wurde erstmal lange geschaut, dann quer, eher aber noch zurück gespielt. Und dann chippt Baumgartl den Ball über 20, 30 Meter nach vorne. Planlos. Ziellos. Dass ihm das keiner abgewöhnen kann. Aber wie auch immer, danach ist der Ball nicht im Tor des Gegners, sondern er ist weg. Und dass man zu allem Überfluss den Eindruck haben muss, unsere seien auch von der Fitness her nicht auf der Höhe, das macht die ganze Misere keinesfalls besser. Oder sehe ich das nur durch meine Fanbrille so, dass die anderen fast immer spritziger, flinker, wacher sind als unsere?

30 Jahre nach meinem Abitur (nur für den unwahrscheinlichen Fall, dass Hugo Müller-Vogg hier mitliest, oder der Herr Fleischhauer) bin ich, zumindest in dieser Angelegenheit, mit meinem Latein am Ende. Was soll man jetzt wollen? Weinzierl, Gisdol, Slomka, einen anderen der üblichen Verdächtigen, die auf dem Trainerstraßenstrich herumhängen und warten, bis einer hält? Aus der Schweiz hört man munkeln, der Martin Schmidt verhandele – allerdings mit einem deutschen Vizemeister. Nicht dass ich den gerne hätte. Also, Klartext, angesichts der drohenden Alternativen ist es mir vorerst noch lieber, wenn Tayfun Korkut die Mannschaft weiterhin trainiert. Klopp oder Tuchel kriegen wir ohnehin nicht, und alle anderen werden sich beim VfB genauso schwer tun wie die letzten ca zehn Trainer, die hier waren. Und auch wenn das nicht die Superstars der Branche waren – sicher werden nicht alle zehn total unfähig und inkompetent gewesen sein. Das kleine Einmaleins des Fußballs beherrschen die doch fast alle – und trotzdem zeigt unsere Mannschaft nicht, dass sie es auch beherrscht, dieses kleine Einmaleins. Ob sie es heute Abend in Leipzig zeigt?

Im Gegensatz zum Fußball ist die große Politik kein Spiel. Auch wenn die Topstars der Branche deutlich weniger verdienen als die Profikicker. Horst Seehofer ist mir denn auch bisher mehr als Künstler des Fuchsens denn als Ballkünstler aufgefallen. Er hat in seiner gesamten Karriere viel einstecken müssen, und kam doch immer wieder zurück. Stärker zurück. Eine Plagiatsaffäre a la Guttenberg hätte der Horst locker weggeschnupft wie eine Prise Snuff. Daher fällt es mir sehr schwer zu verstehen, was ihn gerade umtreibt, den Horst. Dass er sich als Chef zunächst mal vor seinen „Mitarbeiter“ Maaßen stellt, das ist irgendwie noch nachvollziehbar. Dass er für Maaßen einen Sozen in den Ruhestand schicken will, wäre als isolierte Aktion auch noch verständlich. Beide Aktionen zusammen, im Verbund mit etlichen weiteren irrationalen Volten, führen dann aber doch zu der Vermutung, dass es eben ist, wie es fast immer ist: Schmutzige Wäsche mieft im Keller vor sich hin. Und hier wie immer freier Lauf für die Phantasie: Maaßen kennt natürlich jedes einzelne Wäschestück in jedem einzelnen Politikerkeller persönlich. Muss er ja, ist ja sein Job. Und Seehofer nicht im Stande, ein weiteres uneheliches Kind einräumen zu müssen. Schon gar nicht von Frau Nahles. Oder hat hier jemand eine bessere Erklärung? Ist er Amok unterwegs, will möglichst viele mit in den Abgrund reißen? Warum ist Söder dann noch im Amt? Wartet die Kanzlerin die Wahlen in Bayern ab, bevor sie den Gnadenstoß setzt? Oder ist Frau Merkel nur Kanzlerin von Horstens Gnaden? Von Maaßens gar? Fragen über Fragen, als wären wir beim VfB...