By the way 329 – der Glaube fehlt, die Hoffnung bleibt. Auf sportlichen Erfolg. Und auf ein gedeihliches Miteinander
Das neue große Ding in der Fußball Bundesliga ist ja offenbar, nicht den Trainer zu wechseln sondern den Sportchef. Ganz vorne mit dabei hier auch der VfB Stuttgart, zuletzt eher aufgefallen als Trendsetter für die meisten Trainerwechsel, die häufigsten Hundertachtziggradwenden und die sinnloseste Geldvernichtung. Jetzt aber heißt der Sportvorstand in der Mercedesstraße seit dem 12. Februar 2019 nicht mehr Michael Reschke sondern Thomas Hitzlsperger. Ein Teamplayer statt eines Egomanen. Ein Bescheidener statt eines Gernegroß. Ob’s was bringt?
In Pressekonferenz Eins nach Reschke brachte es was. Spürbar andere Stimmung, der Trainer gar mit einem, zwar qualitativ fragwürdigen, aber doch wenigstens launigen Sandhausen-Witz, die Presse duzt den Thomas und schlachtet seinen Vorgänger in den Folgetagen lustvoll öffentlich ab. Da nutzte es ihm wenig, bis vor Kurzem noch ganz eng mit dem Präsidenten gewesen zu sein. Denn wem der Sonnenkönig die Gunst entzieht, der darf auf Gnade nicht hoffen.
Auch vom Training dann, gefühlt seit Jahren zum ersten Mal, lachende Spieler, energisch sprintend, sichtbar mit Eifer bei der Sache. Und Hitz the Hammer sagt, was die Leute hören wollen. Gespräche führe er, ein Team wolle er aufbauen, ganz nah dran sein. Also alles anders beim VfB, und doch alles wie immer. Denn wenn keine Spiele sind, ist die Laune am Wasen immer ziemlich gut. Dumm nur, dass die spielfreie Phase nur ein paar Tage währte.
Am Samstag in Spiel Eins nach Reschke dann folgerichtig schon weit weniger anders als vorher. Da konnten sich die Kommentatoren – Sky-Fuss vorne dran - noch so viel Mühe geben, den Auftritt gegen Leipzig schönzureden. Chancenlos waren sie gegen ein Team, das seltsam lustlos spielte. Wobei chancenlos nicht in jederlei Hinsicht richtig ist – denn zwei Chancen hatten sie schon, eine in jeder Halbzeit. Zuhause. Mit dem Rücken zur Wand. Und mit viel Wohlwollen konnte man ihnen zugestehen, sich bemüht zu haben. Und sonst?
Nichts sonst. Wie auch? Es standen ja immer noch die gleichen Gestalten auf dem Platz wie zuvor. Und diese Gestalten spielen weiterhin ohne den kleinsten Ansatz von einem Plan. Da ist es völlig egal, ob Christian Gentner spielt oder Gonzalo Castro. Besonders auffällig die Planlosigkeit immer dann, wenn der VfB in Ballbesitz kommt. Wo bei fast jeder anderen Mannschaft fast immer eine Vorwärtsorientierung zu sehen ist, Spieler eintrainierten Automatismen folgend in einstudierte Räume starten, kommt Stuttgart erstmal zu vollem Halt. Ball annehmen, schauen, sehen dass keiner startet, überlegen, dann den kurzen Pass spielen. Oder, wagemutige Variante, den Ball irgendwie nach vorne chippen, wo er fast immer gleich wieder verloren geht. Keiner denkt weiter als bis zum ersten Pass. Gefahr für den Gegner nur durch glücklich verlaufende Standards oder Elfmeterpfiffe aus heiterem Himmel. Oder, ganz selten, eine Einzelaktion, meistens von Esswein. Mehr nicht, niemals.
Nun bin ich ja grundsätzlich einer, der wo findet, dass man nicht gut kicken kann, wenn überall immer schlechte Laune herrscht. Aber trotzdem muss die Frage erlaubt sein: Was trainieren die eigentlich? Glauben die ernsthaft, die Klasse zu halten, ohne sich auch nur eine einzige Chance richtig erspielen zu können? Noch dazu vor dem altbekannten Hintergrund, dass ein einziger nicht völlig vorhersehbarer Schachzug des Gegners genügt, um unsere Abwehr komplett ungenügend aussehen zu lassen. Wie soll das reichen in zwei Relegationsduellen gegen einen ambitionierten Zweitligisten? Oder, noch schlimmer, gegen Nürnberg, wo auch schlechte Laune herrscht, wo der Kader noch deutlich limitierter ist und der Etat um Welten kleiner als beim VfB, wo aber immer noch mehr System erkennbar ist und vor allem mehr Einsatz? Wo der Tabellenführer über 98 Minuten kein Tor schießt, während unsere gegen Red Bull ganze vier Minuten den Kasten sauberhalten können?
Der Glaube fehlt, allein die Hoffnung stirbt zuletzt. Die Hoffnung darauf, dass zwei andere bis zum Saisonende noch schlechter sind als wir. Darauf, dass allein die positive Energie eines Thomas Hitzlsperger, abstrahlend auf den Rest der Truppe, ausreicht, wenigstens Platz 16 zu halten und dann irgendwie auch die Klasse. Und natürlich die Hoffnung darauf, dass der VfB im Sommer einen neuen Präsidenten bekommt. Einen, der Teamplay zulässt ohne alles besser zu wissen. Der, sich selbst zurücknehmend, mit allen Mitarbeitern, vom Vorstand über den Trainer bis zum Zeugwart, eine kollegiale Atmosphäre pflegt und in der Lage ist, diese Atmosphäre auch in kritischen Phasen beizubehalten. Einen, der die richtigen Leute reinholt, und nicht nur seine eigenen Seilschaften mit gut bezahlten Jobs versorgt. Und natürlich einen, der vereint statt zu spalten. Denn wenn ein solcher Präsident den Verein anführt, dann ist es egal, ob die Presse oder irgendwelche „VfB-Experten“ Hofberichterstattung oder Hetze machen. Dann ist man nämlich weder auf das eine noch auf das andere angewiesen, kann ganz normal kommunizieren und sich auf all das konzentrieren, was wichtig ist. Auf sportlichen Erfolg natürlich, und auf ein gedeihliches Miteinander. Nach innen und nach außen.