By the way 330 – Hitz steht für Hoffnung, nicht für local warming.
In den höheren Lagen frieren Flora und Fauna aufgrund frostiger Nächte und kalten Windes weiterhin unter einer festgebackenen Schneedecke - und doch treiben immer wärmere Sonnenstrahlen hier und da den Frühling ans Licht. Unten im Stuttgarter Kessel dagegen, Tiefebene Cannstatt sozusagen, ist die Luft fast immer zu warm für einen Eispanzer. Statt dessen legt sich dunkle Dietrich-Materie destruktiv über das satte Grün der Trainingsplätze und des Neckarstadions. Aber auch hier keimt vereinzelt Hoffnung auf, gleich eines verfrühten Krokus’ lugt an manchen Stellen zaghaft Bunt aus all dem Grau hervor.
Natürlich hinkt dieser Vergleich, hat sogar eine schwere Unwucht, weil im Gegensatz zum deutschen Mittelgebirge beim VfB Stuttgart auch in zwei Monaten noch nicht eitel Sonnenschein herrschen wird. Blühendes Barock höchstens im benachbarten Ludwigsburg, an der Mercedesstraße weiterhin Heulen und Zähneklappern generell. Denn das gremientechnische Grundübel beim VfB, bestehend aus einem Präsidenten, der sowohl den abnickenden Aufsichts- wie auch den willfährigen Präsidialrat anführt und am Nasenring hinter seinen Entscheidungen her zieht, wird auch im Mai noch nicht der Vergangenheit angehören. Auch dass der von den Stuttgarter Medien gerne abgekupferte „Hitz-Effekt“ gleich eines local warming die präsidentiellen Polkappen zum Schmelzen und das ganze System zum Kollabieren bringt ist erstens unwahrscheinlich und zweitens auch kein gutes Bild, denn in Stuttgart steht Thomas Hitzlsperger für Hoffnung auf bessere Zeiten und nicht für globales bzw. lokales Klimadesaster. Aber so klein die Hoffnung auch sein mag – es gibt den Hitz, und es gibt eben zwei Teams in der Bundesliga, die hinter uns stehen und dort auch tunlichst bis Saisonende bleiben mögen. Gegen diese beiden Teams spielen wir noch zuhause, Stichwort Restprogramm, und schon sind wir mitten drin in diesem klitzekleinen Bisschen Zuversicht, das hier und heute zum Ausdruck gebracht werden soll.
Ich bin nämlich verhalten optimistisch, dass wir am Sonntag gegen Hannover gewinnen werden und dann auch wenig später gegen Nürnberg. Und dass die Saison schlimmstenfalls mit einem GAU zu Ende geht, der Relegation heißt, und nicht mit einem Super-GAU, der da Abstieg hieße. Der Grund für diesen Optimismus ist besagter Hitz-Effekt, der sehr schnell für bessere Laune auf den Pressekonferenzen und im Training gesorgt hat, und der jetzt ganz langsam auch für eine bessere Körpersprache der Mannschaft auf dem Platz sorgt. Mittlerweile läuft man auch mal wieder für den Anderen, in Ansätzen steht da wieder ein Team auf dem Platz. Sogar die Anwesenheit eines Trainers wird langsam spürbar. Denn wo früher jedwedes System durch Abwesenheit glänzte, wechseln sie jetzt von Dreier- auf Fünfer- und wieder zurück auf Dreierkette, variieren mit Viererkette und geraten darob nicht mal mehr in völlige Konfusion. Sogar mit dem französischen Bald-Bayern sprechen die Kameraden auf dem Platz wieder, zumindest gelegentlich, auch wenn das nur daran liegen mag, dass er jetzt wieder innen spielt und nicht immer zwanzig Meter weg von den anderen auf der Außenbahn. Im Ergebnis steht immerhin ein Punkt aus einem Auswärtsspiel in Bremen, wo man zwar, wir alle wissen es, nicht gewinnen muss, aber doch durchaus hätte gewinnen können, wenn Mario Gomez wenigstens eine seiner zwei tausendprozentigen Chancen... aber das ist ein anderes Thema. Und dass jetzt schon wieder alle sagen, die Mannschaft habe verstanden, das ist noch mal ein ganz anderes Thema.
Für den Moment wichtig ist folgendes: Die Mannschaft präsentiert sich wieder als Mannschaft, und wenn sie auch nicht kämpfen wie die Berserker bzw die Clubberer gegen Dortmund, so sieht man zwar noch lange nicht, dass sie es können, aber doch zumindest wieder, dass sie es wollen. Dass sie drinbleiben wollen in einer Liga, wo Du heuer womöglich mit 25 Punkten drinbleiben kannst. Wie peinlich ist das denn! Und wie peinlich wäre es, aus so einer Liga abzusteigen!
Dass die Ausgliederungsmillionen vom dunklen Dietrich und seinem Handlanger Reschke unter skandalöser Zustimmung der von Dietrich selbst in noch skandalöserer Personalunion am Stachelhalsband auf Zug geführten Gremien verbrannt und dem Kader auch für die Zukunft millionenschwere Bürden auferlegt wurden, sollte zur Abwahl dieser Gremien bei nächster Gelegenheit führen. Danach ist der nächste Versuch möglich, eine nachhaltig positive Entwicklung beim VfB zu installieren. Geld dafür ist zwar nicht reichlich vorhanden – aber es ist vorhanden. Wie immer in Stuttgart. Und man kann nur hoffen, dass die Mitglieder sich von Schreckensszenarien a la „JA zum Erfolg“ nicht noch ein weiteres Mal beeinflussen lassen.