By the way HD, Nummer 3

Heidelberg konkret

Während die Landesregierung immer verwirrendere Corona-Verordnungen herausgibt, solche auch, denen zu Folge zwar unzählige Schüler in einem Klassenraum unterrichtet werden dürfen, 50 Leute in einer Kneipe zusammen saufen dürfen, in der Kirche die Gläubigen wieder zusammen singen dürfen, in Hotels die Leute wieder zusammen in der Sauna hocken dürfen, in Casinos oder Wettbüros eine Person pro 2,5 Quadratmeter Fläche zugelassen ist, aber ein Yoga- oder Fitnessstudio für eine Person jeweils stolze 20 Quadratmeter Fläche braucht - während all dieser Verwirrung will der Bundestag am 10. Juni beschließen, noch einmal für drei Monate eine epidemische Lage nationaler Tragweite festzustellen. Das bedeutet: Die Pandemie geht ganz offiziell weiter, auch in Heidelberg, unserer kleinen Oase des Friedens und der Glückseligkeit, wo die Inzidenzen nie wirklich hoch waren und wo hier wohl schon längst deutlich mehr Menschen mit einer offenen Tuberkulose durch die Stadt rennen als COVID19-Infektiöse. Wir werden also auch weiterhin mit der Seuche leben müssen, leider wohl auch weiterhin im Zustand einer „epidemischen Lage“, auf deren Basis die bürgerlichen Rechte hierzulande nach Belieben eingeschränkt werden können.

Dass diese schon viel zu lange währende Einschränkung bürgerlicher Rechte etlichen Leuten gar nicht so unrecht ist, mag eine haltlose Behauptung meinerseits sein. Aber hey, Neckarwiese übers Wochenende nachts geräumt heißt Ruhe für die Anwohner. Weniger Leute nachts unterwegs, 23 Uhr Schluss für die Außengastronomie statt 1 Uhr heißt Ruhe für die Polizei. Und zwar nicht wegen Corona sondern wegen der Anwohner, das sagt die Stadt ja mittlerweile ganz offen. Und immer schön auf die jungen Leute schimpfen, diese kriminellen Abiturienten, Real- und Hauptschüler. Dabei sind die entsprechenden Statistiken genau andersrum: Die Jugendkriminalität hat bundesweit stark abgenommen in den letzten Jahren. Berichtet bloß keiner, weil passt nicht ins Bild. Daher müssen die wenigen Unbelehrbaren von Außerhalb dafür herhalten, allen Anderen die Rechte einzuschränken. Als ob das nicht anders zu lösen wäre.

Bürgermeister Erichson fordert sinngemäß, die Clubs endlich zu öffnen, damit die Jugend nicht mehr auf der Neckarwiese randalieren muss. Er ist mir nicht persönlich bekannt, der Herr Bürgermeister, und aus der Ferne halte ich ihn eigentlich für einen nicht unsympathischen Zeitgenossen. Aber welche Clubs meint er denn? Die Halle 02? Die Tangente? Oder den komischen Laden im Darmstädter Hof Zentrum? Also wenn er meint, die Jugend solle sich dort amüsieren, dann habe ich ihm folgendes vorzuschlagen: Die Stadt Heidelberg möge doch jetzt, wo de facto keine Infektionen mehr in der Stadt auftauchen, mal richtig laut und deutlich DANKESCHÖN sagen in Richtung ihrer Jugendlichen. Danke, dass Ihr Euch so vorbildlich verhalten habt in den vergangenen 15 Monaten. Und sorry auch dafür, dass wir Euch über die Maßen kriminalisiert haben, Euch alles verboten haben. Und dann möge sie für die Jugend einige krachende Partys organisieren, gerne auch mit der Maßgabe, einen negativen Test vorzulegen. In der Halle, in der Tangente, von mir aus auch in dem obskuren Laden im Darmstädter Hof Zentrum. Party für die Jugend, Freibier für alle, oder doch zumindest soweit runter subventioniert, dass die Jugend sich die Party auch leisten kann. Als Dankeschön der Stadt.

Das wäre mal ein Ding, oder, Herr Erichson? Das wäre was tun anstatt nur daherzureden. Das wäre konkret. Und ich bin sicher, die Clubs, die Sie meinen, die machen gerne mit. Und wo wir schon dabei sind: Für die jüngeren Jugendlichen, für die Kinder, da könnte die Stadt Heidelberg doch Schwimmkurse anbieten in den Schwimmbädern, die so lange geschlossen waren. Statt des Ferienpasses, oder in Ergänzung zum Ferienpass bietet die Stadt kostenlose Schwimmkurse an. Und zwar so, dass möglichst alle das auch mitkriegen. Das wäre mal konkret, und es wäre sicher gar nicht so schwer, das zu machen. Auch wenn womöglich gleich wieder dagegen eingewendet wird, es fehle das Personal, es fehle dies, es fehle das.

Machen Sie einfach mal, Herr Erichson. Irgendwann muss die Stadt doch wieder für ihre Bürger da sein, bzw. irgendwann muss sie doch mal anfangen, für ihre Bürgerinnen und Bürger da zu sein. Irgendwann ist doch bitteschön Schluss damit, sich hinter irgendwelchen Corona-Verordnungen zu verschanzen.